Wer hat hier Blut an den Händen? - Ein Kommentar von Norbert Müller zum „Red Hand Day“
von Norbert Müller
Die Bundeswehr rekrutiert jährlich über 1.300 Minderjährige. Seit Jahren wird dies von den Vereinten Nationen angemahnt. Dennoch waren am 28. Januar 2016 wieder viele Abgeordnete der CDU/CSU und der SPD dabei, als im Rahmen des internationalen „Red Hand Days“ die Aktion „Kinder sind keine Soldaten“ der Kinderkommission im Deutschen Bundestag stattfand. Abgeordnete, Beschäftigte und Gäste des Bundestages konnten ihre roten Handabdrücke abgeben und damit gegen den Einsatz von Minderjährigen als Soldaten zu protestieren.
Als Vorsitzender der Kinderkommission durfte ich diese international anerkannte Aktion zusammen mit der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesfamilienministerium Caren Marks, sowie Ralf Willinger von terre des hommes und Frank Mischo von der Kindernothilfe eröffnen. In meiner Ansprache stellte ich klar, dass die Bundesrepublik Deutschland erst dann eine weltweite Vorbildfunktion in Kinderschutzfragen einnehmen könnte, wenn man nicht nur auf den Einsatz Minderjähriger in Kampfhandlungen verzichtet, sondern auch die militärische Ausbildung 17 Jähriger bei der Bundeswehr beendet.
Leider gibt es für einen umfassenden Schutz von Kindern vor den Folgen von Krieg und Militarisierung im Deutschen Bundestag keine Mehrheit. Im Rahmen einer Anhörung der Kinderkommission bestätigte der Ministerialdirigent Nachwey des Bundesministeriums der Verteidigung Ende Januar, dass die Bundeswehr weiterhin darauf bestehe auch 17 Jährige zu rekrutieren, um „das Potential [an möglichen Soldat*innen] bestmöglich auszuschöpfen“. Diese Position wiederspricht nicht nur der UN Kinderrechtskonvention, sie ist schlicht menschenverachten.
Kurz zusammengefasst: Die Bundestagsabgeordneten der CDU/CSU und der SPD finden es schlecht, wenn in der Welt Kinder als Soldaten herangezogen werden und verurteilen dies zumindest zum „Red Hand Day“ auch öffentlich, was prinzipiell zu begrüßen ist. Wenn es aber um die Praxis der Bundeswehr in Deutschland geht, beginnt in der Koalition das große Schweigen.
Es waren Abgeordneten aller Faktionen die sich an der Aktion zum Red Hand Day beteiligten, meist nur kurz für ein paar Bilder vorbei kamen, ihre roten Handabdrücke hinterließen und schnell wieder in Richtung Plenum verschwanden. Am Nachmittag belegte der Hashtag „RedHandDay“ bei Twitter Platz 1. Bilder mit roten Handabdrücken der Parlamentarier waberten durch den digitalen Äther und Parlamentarier mit roter Farbe an den Händen durchstreiften den Bundestag. Die ganze Aktion fand eingerahmt durch zwei namentliche Abstimmungen statt. Gegen 13 Uhr war dies der Beschluss über die „Fortsetzung und Erweiterung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der Multidimensionalen Integrierten Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali“, kurz MINUSMA. 283 Abgeordnete der Union und 157 Abgeordnete der SPD stimmten für den Kriegseinsatz. Nur die Linksfraktion im Bundestag war geschlossen dagegen. Ab 14 Uhr wurde dann die „Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Ausbildungsunterstützung der Sicherheitskräfte der Regierung der Region Kurdistan-Irak und der irakischen Streitkräfte“ beschlossen. Auch hier das gleiche Bild 283 Abgeordnete der Union dafür, 157 bei der SPD. Die Stimme der Vernunft oblag erneut uns Linken.
Realsatire könnte man meinen, wenn es nicht so ein ernstes Thema wäre, schließlich es geht hier um Beschlüsse des Parlamentes über Krieg und Frieden, Leben und Tod. Mir bleiben die Abgeordneten im Gedächtnis, die nach der Aktion der Kiko mit blutroter Farbe an ihren Händen im Parlament saßen um ihre Stimme für den nächsten Kriegseinsatz zu geben.