Landwirtschaft muss Systemfehler ausbaden
von Dr. Kirsten Tackmann
Probleme wohin man schaut. Handel- und Verarbeitungskonzerne zahlen für fast alle landwirtschaftlichen Produkte so niedrige Preise, dass sie nicht mal die Erzeugungskosten decken. Gleichzeitig wächst die öffentliche Kritik an der Produktionsweise und der Konkurrenzdruck durch das Finanzkapital. Statt die Ursachen der Krise zu beseitigen verfängt sich Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt im Lobbyistendickicht und verteilt Trostpflaster, die im Existenzkampf vieler Landwirtschaftsbetriebe nicht oder zu spät ankommen werden.
Diese Woche wurde per Sondersitzung des Landwirtschaftsausschuss die Tür für das zweite so genannte EU-Hilfspaket für Milchviehbetriebe geöffnet: 58 Mio. € kommen jeweils von der EU und vom Bund, zum Teil noch durch Ländermittel erhöht. Wer nachweisen kann, dass die Milchproduktion bis April 2017 gegenüber dem Vorjahr nicht gesteigert wurde, kann für die zwischen Dezember 2015 und November 2016 gelieferte Milch, einen Antrag auf Beihilfe stellen. Milchviehbetriebe, die bereits aufgeben mussten, bekommen nichts. Am 16. Dezember muss der Bundesrat dem Gesetz noch zustimmen.
Der Wermutstropfen: weil auch die Einkommenssteuerregeln geändert werden sollen, könnte das Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht landen. Die Erweiterung der bisherigen Gewinnglättung von zwei auf drei Jahre wird mit dem Klimawandel als Preisrisiko begründet. Aber warum sollen dann auch Gartenbaubetriebe, die im Gewächshaus produzieren, begünstigt werden? Warum soll das nur 9 Jahre gelten? Mal davon abgesehen, dass Genossenschaften und GmbHs als Körperschaftssteuerzahler generell ausgeschlossen, aber auch von der Krise betroffen sind! Sollte sich das Gesetz als verfassungswidrig erweisen, könnte das auch die Rechtsgrundlage der Beihilfen kosten.
Um den Betrieben die Hilfen rechtssicher gewähren zu können, hätte die Bundesregierung (oder auch die Koalition) die Artikel deshalb abtrennen und in zwei Gesetzen vorlegen müssen. Doch hier wurde wieder mit allzu heißer Nadel gestrickt und gesetzgeberische Sorgfalt verletzt – wie auch die Rechte der Opposition.
Unser Antrag, die verschiedenen Teile des Gesetzes wenigstens getrennt abzustimmen, ist von der Koalition abgelehnt worden. So konnten wir uns bei dem Gesetz wie die Grünen auch bestenfalls enthalten. Die kurzfristigen Stützungsmaßnahmen können die fehlende solidarische Mengenregulierung durch die Politik nicht ersetzen. Ohne Entmachtung der Handels- und Molkereikonzerne werden die Ursachen der Krise nicht beseitigt, denn sie belassen weiter das gesamte Produktionsrisiko bei den Milcherzeugern und profitieren auf deren Kosten. Für unkalkulierbare Preisschwankungen wollen wir LINKEN – übrigens mit Unterstützung der Branche sowie des Bundesrates – eine steuerfreie Risikoausgleichsrücklage. Diese würde allen landwirtschaftlichen Betrieben zu Gute kommen und eine Hilfe zur Selbsthilfe sein.
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