Pressefreiheit kennt keinen Landesverrat
von Harald Petzold
Die Entlassung von Generalbundesanwalt Harald Range im letzten Sommer hat eine Debatte über das Weisungs-, Aufsichts- und Leitungsrecht der Justizminister*innen gegenüber den Staatsanwaltschaften ausgelöst. Was war passiert? Die Journalisten von netzpolitik.org hatten bis dato geheime Haushaltspläne des Bundesverfassungsschutzes veröffentlicht, aus denen hervorging, dass der Geheimdienst neues Personal einstellen wollte, um soziale Medien wie Twitter oder Facebook stärker zu überwachen und damit die „Cybersicherheit“ zu erhöhen. Aufgrund dieser Veröffentlichung erstattete der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, am 25. März und am 16. April 2015 Anzeige beim Landeskriminalamt in Berlin. Von dort ging die Anzeige nach Karlsruhe an Generalbundesanwalt Harald Range und der holte die gegenüber Journalisten lange unbenutzte Keule des Landesverrats raus und eröffnet ein Ermittlungsverfahren. Doch die Ermittlungen gegen die Journalisten scheiterten. Justizminister Heiko Maas ging auf Distanz und entließ schließlich Generalbundesanwalt Range. Das Verfahren wurde eingestellt. Nicht erst seit dieser Affäre ist für DIE LINKE klar: Die Möglichkeit der Strafverfolgung des „publizistischen Landesverrats“ ist eine Gefährdung des investigativen Journalismus, der Pressefreiheit und damit für die Demokratie, und sie gehört abgeschafft.
DIE LINKE hat in dieser Sitzungswoche einen Antrag vorgelegt, der die Bundesregierung zum Handeln bewegen soll. Unser Ziel als LINKE ist es, dass Journalistinnen und Journalisten sowie Informantinnen und Informanten – sogenannte Whistleblower – zukünftig vor Strafverfolgung geschützt werden, wenn sie Informationen zur Verfügung stellen oder öffentlich machen, die auf Missstände und Grundrechtsverletzungen, widerrechtliche Handlungen oder allgemeine Gefahren für Leib, Leben, Gesundheit, Umwelt und Freiheit hinweisen und die für gesellschaftliche Debatten wichtig sind. Zudem gilt es die Unabhängigkeit der Justiz sicherzustellen. Dazu wollen wir mit unserem Antrag das Weisungs-, Aufsichts- und Leitungsrecht der Bundes- und Landesjustizministerinnen und -minister gegenüber den Staatsanwaltschaften abschaffen. Gleichzeitig sollen die Staatsanwaltschaften eine Unabhängigkeit erhalten, die vergleichbar mit jener von Richterinnen und Richtern ist. Der Generalbundesanwalt soll unabhängig von der Politik werden, indem er kein politischer Beamter mehr ist, der jederzeit nach dem Belieben der Regierenden in den Ruhestand versetzt werden kann. Darüber hinaus müssen auch die Straftatbestände „Offenbarung von Staatsgeheimnissen“, „Preisgabe von Staatsgeheimnissen“ (§§ 95 und 97 StGB) sowie der Geheimnisverrat (§ 353b StGB) als Strafverfolgungsrisiko für Journalistinnen und Journalisten endlich ad acta gelegt werden.
Das unwürdige Schauspiel, um den ehemaligen Generalbundesanwalt Range im Zusammenhang mit netzpolitik.org, darf sich nicht wiederholen. Regelungen, die bei Staatsanwaltschaften zu vorauseilendem Gehorsam gegenüber der Politik führen, nämlich z.B. das Weisungsrecht von Justizministerien und das Recht auf Dienstaufsicht von Justizministerien gegenüber den Staatsanwaltschaften – gehören abgeschafft. Mit unserem Antrag ist DIE LINKE zum wiederholten Male der Garant für Pressefreiheit, Demokratie sowie eine leistungsfähige und unabhängige Justiz.