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Demokratie und Rechtsstaatlichkeit wieder herstellen! Jetzt!

von Harald Petzold

Parlamentarische Versammlung des Europarates beschloss Monitoringverfahren für Türkei

Am Ende war die Mehrheit doch deutlicher, als erwartet: 113 Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung des Europarates in Straßburg  – Abgeordnete der nationalen Parlamente der 47 Mitgliedsstaaten – stimmten für eine Entschließung zu einem Bericht zweier Abgeordneter über den Zustand der Demokratie und der demokratischen Institutionen in der Türkei, die im Kern die Wiedereinführung eines Monitoringverfahrens (politisches Analyse- und Überwachungsinstrument des Europarates zur Wahrung der Menschenrechte) vorsieht. Die Türkei wird aufgefordert, auf den Weg der Demokratie, Menschenrechte und Freiheit zurückzukehren sowie die aus politischen Gründen Inhaftierten freizulassen. 45 Abgeordnete stimmten dagegen. 

Vielen Rednerinnen und Redner innerhalb der Debatte war es wichtig, trotz klarer Kritik vor allem an den Entwicklungen der letzten Wochen im Nachgang des gescheiterten Militärputsches in der Türkei die Brücke des Dialogs nicht abzubrechen und den Menschen in der Türkei deutlich zu machen: Wir sind nicht gegen Euch. Aber wir kritisieren die Politik Eures Präsidenten und wir brauchen Eure Unterstützung, diese Entwicklungen zu stoppen und umzukehren.  

Und so gab es jede Menge Komplimente an die Türkei, die ja immerhin Mit-Gründungsland der parlamentarischen Versammlung des Europarates ist und viele Jahre zu den konstruktiven Mitarbeiterinnen in ihren Gremien und im Plenum gehörte. 

Gleichzeitig mussten sich die türkischen Abgeordneten auch jede Menge Kritik gefallen lassen, sowohl für die Politik ihres Präsidenten als auch dafür, dass sie – also vor allem die AKP-Kolleg_innen – diese Fehlentwicklungen – Einschränkungen der Demokratie, Schwächung der demokratischen Institutionen, Aufhebung der Gewaltenteilung, Inhaftierung missliebiger politischer Persönlichkeiten und kritischer Journalist_innen, Einschränkung der Pressefreiheit, Unregelmäßigkeiten und Defizite beim Referendum zur Verfassungsänderung und und und – völlig unkritisch verteidigten. Es war ausgesprochen interessant, zu beobachten, wie dabei die AKP-Abgeordneten in ihren Argumenten die Sprache verdrehten und – ohne auch nur die Spur eines Beweises zu liefern – alle regierungskritischen Kräfte und Menschen in ihrem Land ohne Ausnahme oder Ansehen in die Ecke der Unterstützung des internationalen Terrorismus stellten. An ihnen prallten alle gut gemeinten Appelle ab, mit ihrem Land und seinen Institutionen auf den Weg der Demokratie und der demokratischen Werte des Europarates zurück zu kehren. Besonders bedauerlich war es vor allem, beobachten zu müssen, dass auch die Warnungen vor den Konsequenzen einer Wiedereinführung der Todesstrafe bei diesen Abgeordneten ungehört zu verhallen schienen – ähnlich, wie es ihr Präsident der europäischen Öffentlichkeit seit Wochen zelebriert.

Für die Delegation der LINKEn in der Parlamentarischen Versammlung – wir haben drei Vollmitglieder in der deutschen Delegation sowie ein stellvertretendes Mitglied – war die Unterstützung all jener Kräfte in der Türkei wichtig, die unter Einsatz ihres Lebens die Prinzipien der Demokratie, der Solidarität und der Gerechtigkeit verteidigen. So brachten wir uns im Rahmen der UEL-Fraktion in der Parlamentarischen Versammlung vor allem für eine Konkretisierung des Auftrags der Monitoring-Gruppe ein, von denen eine Reihe der gestellten Änderungsanträge auch angenommen wurden. Gemeinsam mit sozialdemokratischen und grünen Abgeordneten konnten wir erreichen, dass das Monitoringverfahren sofort eingeleitet und nicht – wie vor allem von den konservativen EVP-Abgeordneten gefordert – um wenigstens einen Monat verschoben wird. Bleibt zu hoffen, dass der Beschluss den Menschen in der Türkei tatsächlich hilft, vor allem jenem Teil, der beim Verfassungsreferendum vom 16. April trotz eines unglaublichen Drucks und eines öffentlichen Klimas der Angst und Verfolgung mit „Nein“ gestimmt hat. Sie sind die eigentlichen Heldinnen und Helden im Kampf für die Wiederherstellung der Demokratie in der Türkei.