Ferien im Tarnfleck - Bundeswehr baut Camps für Jugendliche aus
von Norbert Müller
Die Schulferien sind gerade zu Ende gegangen. Mehrere hundert junger Menschen in Deutschland dürften einen Teil davon bei der Bundeswehr zugebracht haben.
Auf Anfrage unserer Fraktion hat die Bundesregierung kürzlich Details zu einer fragwürdigen Werbemethode der Bundeswehr eingeräumt: Seit zumindest 2012 bietet die Bundeswehr in großen Rahmen mehrtägige Feriencamps an, die unter den Namen von Ferien-, Kennenlern-, IT- oder Abenteuercamps beworben werden. Dort können sich Jugendliche mit dem vermeintlichen Soldatenalltag vertraut machen. Diese Angebote werden von allen Gattungen der Bundeswehr angeboten. Neben Gelände- und Hindernislauf, Tarnbemalung, Übernachten im Biwak und Lagerfeuerromantik können sie je nach Camp auch in gepanzerten Fahrzeugen mitfahren.
Pikant: Die Bundeswehr kann nicht sagen, wie viele der Teilnehmenden volljährig sind, „eine Aufschlüsselung nach dem Lebensalter wird nicht gesondert vorgenommen“, so die Bundesregierung. Und dies, obwohl der UN-Kinderrechteausschuss die Bundesregierung seit Jahren dazu anmahnt, Werbekampagnen und Schulbesuche, die sich an Minderjährige richten, einzustellen. Die Bundesregierung gibt in ihrer Antwort sogar zu, gegen die Vorgaben des UN-Kinderrechtsausschuss zu verstoßen. So heißt es weiter, es werde „grundsätzlich durch zielgruppengerechte Marketing- und Medienanalyse sowie entsprechende Werbung gewährleistet“, dass die Werbung bei den Jugendlichen ankomme. Im Fokus seien neben der Zielgruppe der 16- bis 17-jährigen auch „Lebensjüngere“, „sofern sich diese in der Berufsorientierungsphase bzw. Berufsfindungsphase befinden“, so die Bundesregierung. Beworben werden die Camps auch durch die sozialen Medien wie Facebook. Die Teilnahme an den Camps ist für die Jugendlichen kostenlos.
Die Anzahl der Teilnehmenden Jugendlichen in den Camps steigt seit 2015 stark an. 2016 nahmen 1544 Jugendliche an den Camps teil, im noch laufenden Jahr 2017 waren es bereits 2066 während es in den Jahren zuvor lediglich 959 bis 1326 Teilnehmende waren.
Mit der Aussetzung der Wehrpflicht musste sich die Bundeswehr plötzlich selbst um die Rekrutierung ihres Nachwuchses kümmern. Werbekampagnen, YouTube-Serien, Schulbesuche, Karrierebüros und andere Methoden der Ansprache und Information, die sich speziell an Jugendliche richten, gehören seitdem zum Alltag der Bundeswehr. Diese neue Rekrutierungspraxis der Bundeswehr ist wiederholt auf Kritik gestoßen. Insbesondere die Ansprache und Rekrutierung von Minderjährigen in der Schule oder auf Berufsmessen wurde durch den UN-Kinderrechteausschuss dezidiert bemängelt.
Wir fordern, diese knallharten Werbepraxen einzustellen. Jugendliche haben im Visier der Rekrutierungsoffiziere nichts zu suchen. Information über den Beruf ja, aber bitte ausgewogen und ehrlich. Nebenbei: die beste Werbung für das Berufsbild Soldat wäre es, die unsäglichen Auslandseinsätze der Bundeswehr zu beenden!
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