Priorität für Bildungspolitik – Kennzeichen LINKEr Regierungsbeteiligung

Beschluss der ersten Tagung des dritten Landesparteitages

Beschluss der 1. Tagung des 3. Landesparteitages der LINKEN Brandenburg

am 18. und 19. Februar 2012 in Blossin

Priorität für Bildungspolitik – Kennzeichen LINKEr Regierungsbeteiligung

Der Landesparteitag stellt fest:

Die Idee moderner Bildung zielt auf die hohe Allgemeinbildung politisch gleichberechtigter Bürgerinnen und Bürger, die ein selbstbestimmtes Leben mit sozialem Sinn und politischem Engagement verbinden. Sie ist emanzipatorisch und geht über die berufsvorbereitende Bildung hinaus. Mit der bildungspolitischen Strategie einer Verallgemeinerung von Bildung verbindet DIE LINKE einen politischen, einen humanen und einen leistungsfördernden Anspruch. Deshalb muss Bildung im Land Brandenburg Priorität haben. Das muss in Zukunft bedeuten „Hier wird investiert, trotz oder vielleicht sogar wegen schwieriger Zeiten“. Nur so kann ein „Brandenburg für alle“ geschaffen werden.

Mehr Finanzmittel allein müssen nicht unbedingt zu besserer Bildungspolitik beitragen. Jederzeit kann durch kluge Bildungspolitik auch eine Verbesserung der Situation durch kostenneutrale Faktoren gewährleistet werden. Das brandenburgische Schulsystem jedoch ist nicht  genügend ausfinanziert, um unseren Anspruch (Beschluss Landesparteitag „Gemeinschaftsschule“ Februar 2011) an eine Schule, die allen Schülerinnen und Schülern gleichwertige Entwicklungschancen bietet, zu erfüllen. Die Probleme liegen insbesondere im Bereich der Personalplanung. So liegt die derzeitige Schüler-Lehrer-Relation im Durchschnitt bei ca. 1:15. In Wirklichkeit erhöht sich diese Zahl in manchen Regionen Brandenburgs aber durch Alter und Krankheit des Personals, sowie durch demographische Entwicklungen, die denen des allgemeinen Landestrends widersprechen, auf ca. 1:28. Diese Zahl ist definitiv zu hoch. Eine belastbare Personalquote (in Vollzeitäquivalenzstellen) im Bereich Schule liegt bei ca. 115 %, um Krankheit und andere mögliche Risiken zu kompensieren. Die Personalquote in Brandenburg liegt darunter. In Anbetracht der Altersstruktur des Lehrpersonals wird in kürzester Zeit ein Fachkräftemangel im Bereich des Lehrpersonals auf die gesamte Bundesrepublik zukommen. Nach offiziellen Studien werden in Zukunft pro Jahr 35 000 bis 38 000 Lehrkräfte fehlen. Dieser Trend wird an Brandenburg nicht vorbei gehen. Der Gedanke, ausgebildete Lehrende aus anderen Bundesländern abzuwerben, wird dann nicht mehr funktionieren, wenn diese überall benötigt werden. Deshalb muss Brandenburg JETZT in seine Zukunft investieren und mehr junge Lehrende ausbilden und einstellen.

Die Haushaltsverhandlungen zum Haushalt 2012 stellten den Landesverband der Partei DIE LINKE vor eine harte Belastungsprobe. So wurden zum Beispiel im Bereich der  Hochschulpolitik Kürzungen von 12 Mio. Euro vorgenommen. Obwohl am Ende der Haushaltsdiskussion im Etat des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport insgesamt (für alle 3 Bereiche) ein Plus von 41 Mio. Euro zu verzeichnen ist (incl. Pensionsansprüche Beamte und reguläre Tariferhöhungen), standen im Bereich der Schulpolitik vor allem Rücklagen-Kürzungen in der Kritik. Dies kann nicht im Sinne einer linken Landespolitik sein. Die SPD, die seit über 20 Jahren die Hauptverantwortung am desolaten Bildungssystem in Brandenburg trägt, kann hier  in der öffentlichen Wahrnehmung dennoch Erfolge für sich verbuchen, während die Einschnitte aber der LINKEN zugerechnet werden. Mit der Wahl der LINKEN haben viele Menschen in Brandenburg die Hoffnung auf einen Politikwechsel, insbesondere auch im Bereich der Bildungspolitik verbunden. Im Wahlkampf 2009 zeichnete DIE LINKE. aus, dass wir als einzige der zur Wahl stehenden Parteien ein anderes, ein besseres Konzept für die Bildungspolitik vorlegen konnten. Nun ist es an uns, unsere Regierungsverantwortungen im Bereich der Bildungspolitik zu nutzen, indem wir in die Regierung hineinwirken.

Trotz der angespannten Finanzlage des Landes ist es aber auf Druck und Initiative der LINKEn gelungen, vor allem im Bereich der frühkindlichen Erziehung (Kita) als auch für die Schulen in öffentlicher Trägerschaft erste Verbesserungen durchzusetzen:
•    Der Kita – Betreuungsschlüssel wurde verbessert.
•    Es wurden zum Schuljahr 2011/12 250 Lehrkräfte neu eingestellt – 100 mehr als ursprünglich vorgesehen
•    Die Frequenzrichtwerte für die Einrichtung von Klassen werden im Bereich der Grundschulen auf 23 SchülerInnen und bei den Oberschulen auf 25 SchülerInnen abgesenkt
•    Die Sprachförderung in der Kita wird intensiviert und beginnt nicht erst im letzten Jahr vor der Einschulung
•    Quereinsteiger werden zu Kita-ErzieherInnen qualifiziert
•    Es wird eine Fortbildungsoffensive für die Lehrkräfte gestartet
•    Es wurde mehr Geld für die Musikschulen (1,3 Mio €) und für die Weiterbildung (300.000 €) bereitgestellt.

Nicht alles von dem, was wir anstreben, hat sich bisher verwirklichen lassen. Mit diesen ersten politischen Maßnahmen wollen wir aber den Richtungswechsel hin zu mehr Bildungsgerechtigkeit und Teilhabe beginnen.

DIE LINKE bleibt trotz schwieriger Haushaltslage dabei: Bildung und die Lebensperspektiven von jungen Menschen haben für uns Priorität. Wir werden uns mit aller Kraft dafür einsetzen, dass die Bildungsfinanzierung in Brandenburg so ausgestaltet wird, dass die ersten hoffnungsvollen Schritte weiter verfolgt und weitere Schritte zur Vertiefung des Richtungswechsels gegangen werden können. Wir wollen, dass Brandenburg bildungspolitisches Vorbildland wird. Dafür sollen alle zur Verfügung stehenden Handlungsmöglichkeiten erschlossen und genutzt werden.

Um dies zu ermöglichen, finden sich im Folgenden unsere Vorschläge und Forderungen für die nächsten Jahre.

Der Landesparteitag möge beschließen:

Allgemein:

•    Keine Kürzungen im Bereich der Bildungspolitik

In den wesentlichen Schlüsselbereichen der Bildungspolitik (KiTa, Schule, Hochschule, Weiterbildung) werden unter Regierungsbeteiligung der LINKEN keine Haushaltskürzungen stattfinden.

Im Bereich der schulischen Bildung:

•    Bildungsmittel auch für Bildung ausgeben:

Im Doppelhaushalt 2013/14 sollen Mittel in Höhe von ca. 20 Millionen Euro (je Haushaltsjahr 10 Mio. Euro) mehr für den Bildungsbereich zur Verfügung gestellt werden. Die Zahl der Referendariatsplätze wurde auf 900 aufgestockt. Diese Zahl gilt es zu halten, um mehr junge Lehrerinnen und Lehrer auszubilden und nicht auf die Abwerbung von Lehrerinnen und Lehrern aus dem gesamten Bundesgebiet angewiesen zu sein. Damit wird dem drohenden Fachkräftemangel in der Bildung jetzt entgegen gewirkt. Auch den Anforderungen an gemeinsames Lernen aller Kinder wird so Rechnung getragen. Eine bessere personelle Ausstattung ist wichtige Voraussetzung dafür, der verstärkten individuellen Förderung von Lernenden nach Interessen und Fähigkeiten besser gerecht werden zu können.

•    Längeres gemeinsames Lernen in einer „Schule für alle“, um Leistung und soziale Kompetenz bei allen Kindern zu fördern:

Die Trennung von Lernenden in unserem Schulsystem ist längst überholt. Wenn Schülerinnen und Schüler lange gemeinsam lernen, profitieren alle davon, vor allem erlangen sie wertvolle soziale Kompetenzen. Deshalb ist langes gemeinsames Lernen in einer „Schule für alle“ unser Ziel.
Diese Schule billigt allen Kindern und Jugendlichen gemäß den Menschen- und Bürgerrechten gleichberechtigte Teilhabe und Mitgestaltung bei gleichzeitiger Berücksichtigung ihrer individuellen Bedürfnisse zu und verbindet als Ganztangsschule schulisches Lernen mit außerschulischen  Angeboten. Rot-Rot hat sich mit dem Projekt „Inklusion“ bereits auf den Weg zu einer solchen Schulentwicklung gemacht. Inklusion ist für uns aber mehr als die Eingliederung von Menschen mit Behinderungen in die von Nichtbehinderten geprägte Gesellschaft. Sie ist die Gestaltung eines solidarischen Miteinanders unter Berücksichtigung der jeweiligen individuellen Besonderheiten.
Wir betrachten Inklusion als Chance, die zielgerichtete individuelle Förderung für alle Kinder zu verbessern, von der Kita über die allgemeinbildende Schule bis zur beruflichen Ausbildung. Dazu gilt es, einen breiten gesellschaftlichen Dialog zu führen und die nötigen personellen und materiellen Rahmenbedingungen zu schaffen.

•    Eine breite Fortbildungsoffensive für Lehrkräfte organisieren:

Die gemeinsame „Schule für alle“ kann nur gelingen, wenn Lehrkräfte  stärker als bisher in die Lage versetzt werden, mit heterogenen Gruppen umzugehen und Kinder individuell zu fördern. Es gilt Fortbildungen zu organisieren, bei denen Lehrkräfte aus Regelschulen und aus Förderschulen gemeinsam zum Unterricht in einer inklusiven Schule und zur Arbeit im Team befähigt werden.

•    Elementare Forderungen der Bundestagsfraktion in der Bildungspolitik unterstützen – Bundesratsinitiative zur Beteiligung des Bundes an der Bildungsfinanzierung anstoßen:

Das Kooperationsverbot von Bund und Ländern in der Schulbildung, das durch die Föderalismusreform 2006 in das Grundgesetz einging, ist falsch. Dadurch sind die Bundesländer mit einem wesentlichen Feld der Bildungspolitik, der Schulbildung, in oft finanziell schwierigen Lagen vom Bund allein gelassen worden. Um dies zu ändern, sollte das Land Brandenburg eine Bundesratsinitiative zur Aufhebung des Kooperationsverbotes und zur Beteiligung des Bundes bei der Bildungsfinanzierung in den Ländern anstoßen, wie es die Bundestagsfraktion DIE LINKE fordert, oder sich bereits eingebrachten derartigen Initiativen anschließen.
Im Bereich der Hochschule:

•    Wissenschaftsmittel auch für Wissenschaft ausgeben:

Kürzungen im Bereich der Hochschulen wären fatal für die Zukunft der Bildungslandschaft Brandenburgs. Die Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Lehr- und Forschungseinrichtungen ist mitentscheidend für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Eine Verknappung der Mittel bei Lehre und Forschung sowie prekäre Beschäftigungsverhältnisse an Hochschulen sind ebenfalls nicht hinnehmbar.

•    Die Zahl der Studienplätze halten und ausbauen:

Der massive Zuwachs der Studierendenzahlen in Brandenburg in den letzten Jahren ist vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und der demografischen Entwicklung sehr zu begrüßen, stellt unser Land aber auch vor große Herausforderungen. DIE LINKE steht grundsätzlich für einen möglichst breiten Zugang zum Studium. Gerade unter dem Aspekt der sozialen Öffnung der Hochschulen haben wir hier schon viel erreicht. Daher ist es dringend geboten, die Studienplatz-Kapazitäten zu halten und sie wo es geht noch auszubauen. Dazu gehört auch die Wiedereinführung des Studiengangs Sonderpädagogik, die Erweiterung der universitären Ausbildung von Kita-Erzieherinnen und die Einführung eines Studienangebotes im Bereich Pflege und Gesundheit. Das bedeutet aber auch, dass jede/r Absolvent/in eines Bachelor-Studiums einen Rechtsanspruch auf ein Master-Studium in Brandenburg hat.

•    Studienqualität verbessern:

Die Modernisierung des Brandenburgischen Hochschulgesetzes muss vorangetrieben werden, um die Hochschulen attraktiver für Studierende zu gestalten. Wir wollen eine sozialere und demokratischere Hochschullandschaft in Brandenburg. Hierzu zählen eine Verbesserung des Betreuungsschlüssels von Studierenden, der konsequente Ausbau des Teilzeitstudiums, die Erweiterung von Mitwirkungsrechten und die klare Absage an sozial selektive Studiengebühren in jeglicher Form.

•    Drittmittel an Hochschulen:

Die Nähe von Forschungseinrichtungen und Hochschulen zu Drittmittelgebern sind leider zu  einer wichtigen Grundlage für die Ausfinanzierung des Hochschulsystems geworden. Diese Drittmittel ergänzen die Finanzierung der Hochschulen. Sie dürfen aber nicht zu Abhängigkeiten führen. Wir sehen das Land in der Pflicht, zu starke, durch Drittmittelfinanzierung entstandene Ungleichgewichte unter den Fakultäten und zwischen den Hochschulen auszugleichen. DIE LINKE. bekennt sich klar zur Freiheit von Forschung und Lehre und wendet sich gegen eine Ausrichtung von Wissenschaft auf rein wirtschaftliche Zwecke. Um die Einflussnahme zu beschränken, soll es künftig für Drittmittel-Projekte eine Zivilklausel geben, die eine Nutzung von Forschungsergebnissen für militärische Zwecke verhindert.