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3. Landesparteitag • 1. Tagung

„Demokratie erleben und lernen von Anfang an!“

Für umfassende und nachhaltige demokratische Jugendbeteiligung in brandenburgischen Schulen und Kommunen.

Antrag A6

Einreicher: Fritz R. Viertel und der Ortsverband DIE LINKE Schöneiche bei Berlin (Kreisverband Oder-Spree)

Unterstützer: Daniel Förster (Havelland)

Der Landesparteitag möge beschließen:

Die demokratische Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an politischen und gesellschaftlichen Entscheidungen ist für DIE LINKE in Brandenburg eine Grundlage für frühe und nachhaltige Demokratiebildung und -erziehung.Dabei müssen Kinder und Jugendliche vor allem in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld wirksam und sichtbar an demokratischen Entscheidungsprozessen beteiligt werden.Um ein frühzeitiges Erleben und Erlernen von Demokratie in den Lebensräumen Schule und Kommune ermöglichen zu können, setzt sich DIE LINKE in Brandenburg für folgende Forderungen ein:

1.    Die Strukturen der Mitwirkung von Schülerinnen und Schülern in allen Schulformen – insbesondere in den Sekundarstufen I und II – sind grundsätzlich zu überdenken. Die vielgliedrigen und indirekten Mitwirkungsstrukturen von Schülervertretungen über Kreisschülerräte bis hin zum Landesschülerrat erweisen sich in der Praxis als ineffektiv, sind zu unverbindlich und regen nicht zum breiten ehrenamtlichen Engagement an. Mitwirkungsstrukturen müssen wesentlich direkter und verbindlicher werden. So ist bspw. die Rolle der Schülervertretungen gegenüber den Schulleitungen und Lehrerkonferenzen zu stärken. Innovative Projekte, wie die Direktwahl von Schülersprecherinnen und Schülersprechern, sind positive Beispiele für eine wirksamere Mitwirkung in der Schule.Die Weiterentwicklung der Mitwirkungsstrukturen will DIE LINKE in einem breiten Prozess gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern sowie Vertreterinnen und Vertretern von Jugendverbänden und Gewerkschaftsjugenden diskutieren. Am Ende sollen entsprechende Anpassungen des Brandenburgischen Schulgesetzes stehen.

2.    DIE LINKE in Brandenburg will eine umfassende und verbindliche demokratische Jugendbeteiligung in den Städten und Gemeinden.Diese ist immer von den konkreten lokalen Bedingungen abhängig. Eine zentrale Vorgabe, wie demokratische Jugendbeteiligung zu realisieren ist, erscheint der LINKEN deshalb nicht sinnvoll.Um die Stellung bestehender und zukünftiger Jugendbeteiligungsprojekte (wie z.B. Jugendparlamenten, Jugendbeiräten, Jugendforen) gegenüber den kommunalen Verwaltungen und Vertretungen zu stärken, setzt sich DIE LINKE jedoch für eine allgemeine Verpflichtung der Städte und Gemeinden zur demokratischen Beteiligung von Kindern und Jugendlichen aus. Diese soll, nach dem Beispiel des Paragraphen 47f in der Gemeindeordnung von Schleswig-Holstein, in der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg verankert werden.Außerdem fordert die Brandenburger LINKE die dauerhafte finanzielle Sicherung der „Landesstelle für demokratische Jugendbeteiligung“ durch die Landesregierung.Der Landesparteitag fordert die Fraktion DIE LINKE im Landtag Brandenburg sowie die LINKEN-Mitglieder der Landesregierung auf, sich nachdrücklich für diese Forderungen im Landtag und in der Landesregierung einzusetzen.

Begründung:

Lobenswerterweise ist die Brandenburgische Landesregierung auf dem Weg, das (aktive) Wahlrecht bei Kommunal- und Landtagswahlen auf Jugendliche im Alter von 16 und 17 Jahren auszuweiten. Dies ist ein sehr wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer verbesserten Demokratiebildung und -erziehung. Eine weitere zentrale Frage in diesem Prozess ist die nach den Strukturen der demokratischen Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an sie betreffenden Entscheidungen in ihrem unmittelbaren Umfeld – in den Schulen und Kommunen.Im schulischen Bereich sind die Mitwirkungsstrukturen klar durch das Schulgesetz bestimmt. Sie erweisen sich in der Praxis jedoch als vollkommen ineffektiv. Dass sich eine Schülerin, die im z.B. Landesschülerrat aktiv werden möchte, zunächst von der Schülervertretung ihrer Schule in den Kreisschülerrat und von diesem dann in den Landesschülerrat wählen lassen muss, der wiederum einen Vorstand als Arbeitsgremium und die Mitglieder des Landesschulbeirates wählt, verdeutlicht den Grad der (Ver-) Gliederung der Mitwirkungsstrukturen und ihre abschreckende Wirkung auf den politisch unerfahrenen Otto-Normalschüler.In den Schulen stellt sich zudem das Problem der „Machtposition“ der Schülervertretungen gegenüber den Gremien der erwachsenen Beteiligten, insbesondere gegenüber der Schulleitung und der Lehrerkonferenz. Dass es in der paritätisch besetzten Schulkonferenz zu einer (erwachsenen) Zwei-Drittel-Mehrheit von Eltern und Lehrkräften gegen die Minderheit der (jugendlichen) Schülerschaft kommt, ist bspw. keine Seltenheit.Dennoch gibt es positiv-innovative Initiativen, wie die bereits zum zweiten Mal – sehr erfolgreich – durchgeführte Direktwahl der Schülersprecher/innen am Rüdersdorfer Heinitz-Gymnasium. Dort wurde, nach langen Kämpfen mit dem Bildungsministerium, eine Ausnahmegenehmigung zum punktuellen Durchbrechen des indirekten Systems erstritten. Normalerweise werden die Schülersprecherinnen und Schülersprecher (gemäß Schulgesetz) von der Schülervertretung gewählt, nun hatten alle Schülerinnen und Schüler die Wahl ihrer Repräsentant/innen selbst in der Hand.Diese Beispiele verdeutlichen, warum eine Grundsatzdiskussion zu den Mitwirkungsstrukturen an Brandenburgs Schulen dringend Not tut.Anders verhält es sich mit der demokratischen Jugendbeteiligung in den Städten und Gemeinden. Hier gibt es keinerlei verbindliche gesetzliche Vorgaben. Dass eine Verpflichtung der Kommunen zur Entwicklung von entsprechenden Verfahren sinnvoll ist, zeigt das Bundesland Schleswig-Holstein. Der dortige Paragraph 47f der Gemeindeordnung verpflichtet sie, seit inzwischen mehr als 10 Jahren, geeignete Verfahren zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an sie betreffenden Entscheidungen zu entwickeln und diese gegenüber der Landesregierung zu dokumentieren. Heute ist das Land einsamer Spitzenreiter bei der flächendeckenden Kinder- und Jugendbeteiligung. Der Nachteil einer fehlenden (allgemeinen) Verpflichtung zur demokratischen Jugendbeteiligung wird immer wieder an konkreten Beispielen deutlich: So scheiterte der Jugendbeirat der Gemeinde Schöneiche bei Berlin unter anderem an seiner Abhängigkeit vom Wohlwollen der Verwaltung und der Gemeindevertretung, die zwar den Beirat schufen, sich mehrheitlich aber nicht zu einer wirklichen Beteiligung der Jugendvertretung durchringen konnten. Mit einem brandenburgischen „Paragraphen 47f“ im Rücken, hätte diese Initiative sicher einen anderen Verlauf genommen.Die „Landesstellte für demokratische Jugendbeteiligung“ wirkt seit Jahren im Sinne der im Beschlusstext genannten Forderungen zur kommunalen Jugendbeteiligung. Sie berät Kommunen und Initiativen und organisiert die landes- und bundesweite Vernetzung der etwa 20 bestehenden Jugendbeteiligungsprojekte. Ihr Engagement wird jedoch dadurch behindert, dass sie sich Jahr für Jahr erneut in einer ungesicherten Finanzierungssituation befindet. Um die unschätzbare Arbeit der Landesstelle für die Entwicklung der demokratischen Kinder- und Jugendbeteiligung im Land Brandenburg zu sichern, erscheint eine Finanzierung durch Landesmittel angemessen.